Institut für Frische- und Lebensmittel-Logistik |
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Komponenten
Frische- und Lebensmittel-Prozesskette
Die Verderb-Dynamik bestimmt die Geschwindigkeit, mit der die entsprechenden Produkte in der Hand des Verbrauchers in Verzehrqualität sein müssen. Haltbarkeitsprozesse an den Produkten wirken zu lassen dehnt den zeitlichen Verzehr-Horizont aus, löst aber nicht das Geschwindigkeits-Problem.
Dies führt zum Ansatz des logistischen Fensters.
Der Begriff des 'logistischen Fensters'
Um Frische-Produkte und (leicht-)verderbliche Lebensmittel in entsprechender Qualität auf den Teller des Verbrauchers zu bringen, bemüht man sich, 2 Prozessarten gut zu beherrschen: 1. Schnelligkeit unter kontrollierten lebensmittelspezifischen Bedingungen 2. Haltbarmachung, um den optimalen Verzehrzeitpunkt weit hinausschieben zu können.
Schnelligkeit unter kontrollierten Bedingungen
Schnelligkeit unter kontrollierten Bedingungen bedeutet, dass die verderbliche Ware möglichst schnell und unter kontrollierten Bedingungen, von vor allem Temperatur, Feuchte, Licht und kontrollierte Atmosphären (CA), in die Hand des Verbrauchers bzw. Verarbeiters gelangt. Der temperaturgeführte Transport ist hierzu ein Ansatz. Ethylenhemmer dämpfen den Reifevorgang bei Obst. Kontrollierte Atmosphären bewirken sowohl die Reifedämpfung bei Obst als auch mikrobiologisches Wachstum. Eine niedrige Temperatur ist dabei Prozessvoraussetzung. Klimatisierte mobile und stationäre Räume für Obst, Gemüse und Pflanzen, aber auch bei Krusten- und Schalentieren sowie bei lebenden Tieren sind weitere Prozessaufwendungen, um Verderb bzw. Qualitätsverlust, auch verursacht durch Stress, zu vermeiden.
Zwischen dem Ernte- bzw. Schlachtvorgang und dem optimalen Verzehrzeitpunkt besteht über die Verderb- bzw. Qualitätsverlust-Dynamik ein zeitlicher Zusammenhang. Heute wird dieser zeitliche Zusammenhang durch das Versprechen des MHD (Mindest-Haltbarkeits-Datum) dargestellt. Allerdings kann dieses Versprechen nur dann eingehalten werden, wenn alle wichtigen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für den logistischen Prozess in der spezifischen Lebensmittel-Prozesskette vom Acker bis auf den Teller auch lebensmittelspezifisch eingehalten werden. Dies ist aber nicht immer der Fall, wie die hohen Wegwerfquoten, insbes. bei LEH und Verbraucher belegen.
Eine Methode zur Ermittlung der verfügbaren Zeit zwischen Ernte bzw. Schlachtung bzw. Produktion und Verbrauch stellt das ‚logistische Fenster’ dar. Es definiert sich aus der lebensmittelspezifischen Verzehr-Qualitäts-Situation und der verfügbaren Zeit, um es in die Hand des Verbrauchers/Abnehmers gelangen zu lassen. Das 'logistische Fenster’ gliedert sich in mehrere Zeitbereiche. Es hat prinzipielle Gültigkeit für alle Frische-Produkte und (leicht-)verderblichen Lebensmittel, egal welcher Ordnung (hier gezeigt an Produkten 1. Ordnung).
Die maximale zeitliche Länge des 'logistischen Fensters’ für den zulässigen Gesamt-Verzehr-Qualitäts-Bereich bestimmt sich durch die Verzehrfähigkeit in Verbindung mit der Anwendung von HACCP-Konzepten im Sinne des Codex Alimentarius. Dabei bestimmt sich die Verzehrfähigkeit wiederum durch Lebensmittelsicherheit und Verzehr-Unbedenklichkeit. Für jedes Frische-Produkt und (leicht-)verderbliche Lebensmittel gibt es mehr oder weniger genaue spezifische Angaben. Grenzwerte, die zu mehr Sicherheit führen sollen, werden vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und von der Europäischen Lebensmittelbehörde definiert.
Der optimale Verzehrzeitpunkt (Inhaltsstoffe, Geschmack usw.) bestimmt sich am Maximum aller ernährungsphysiologischen Eigenschaften des Lebensmittels, mit denen es 'sich auf dem Teller befindet’ Dies ist der maximale Qualitäts-Zustand in der Verzehrsituation. Die Kriterien hierfür sind teilweise verbraucherspezifisch (z.B. Reifegrad, Geschmackszustand, Konsistenz, (Biss-) Festigkeit u.v.a.m.). Das tatsächlich verfügbare logistische Fenster definiert sich damit aus der Sicht des Qualitäts-Zustandes in der Zeit von der Ernte bis zum Zeitpunkt der höchsten inhaltlichen bzw. ernährungs-physiologischen Qualität. Zu diesem Zeitpunkt muss sich also das Lebensmittel in der Hand des Verbrauchers bzw. Verarbeiters befinden, damit er über ein Lebensmittel mit der max. Verzehr-Qualität verfügen kann. Als wichtige Grundsätze können also festgehalten werden: 1. Die Verzehr-Qualität (und -Unbedenklichkeit) definiert das Ende des logistischen Fensters bzw. den Zeitbereich. 2. Die Begrenztheit des logistischen Fensters bestimmt sich durch die lebensmittel-spezifischen Qualitätsverlust- bzw. Verderb-Dynamik. 3. Das 'logistische Fenster ist somit lebensmittel-spezifisch ! 4. Demzufolge treiben die Frische-Produkte und (leicht-)verderblichen Lebensmittel die Prozesse (die Produkte treiben die Prozesse) und nicht umgekehrt. 5. Dies ist der von mir geforderte Paradigmenwechsel der Logistik, zumal er auch für nichtverderbliche Produkte, Waren und Objekte (prinzipielle) Gültigkeit hat.
Haltbarmachung
Bei der Haltbarmachung handelt es sich um Lebensmittel 2. oder höherer Ordnung. Mindestens ein Prozessschritt ist am Lebensmittel vollzogen worden. Damit besitzt das Lebensmittel nicht mehr seine originären Qualitätsmerkmale, sondern die Qualitätsmerkmale, die der Prozessschritt/die Prozessschritte verursacht hat/haben (Zweckorientierung). Im Prinzip ist dadurch ein neues Lebensmittel entstanden, mit einem anderen spezifischen logistischen Fenster.